Original-Störsender : Deutschlandfunk auf Mittelwelle

Der 31. Dezember war eine historische Zäsur. In Deutschland endete eine Geschichte von mehr als neunzig Jahren. 1923 strahlte die Sendestelle Berlin über Mittelwelle erstmals ein Programm aus, den Auftakt soll der Foxtrott «Wenn die Jazzband spielt» gemacht haben. Hitlers «Volksempfänger», der die Massen gleichzuschalten suchte, war Mittelwellenradio. Die Mittelwelle trug Schlager und Weihnachtsbotschaften in die Schützengräben des Zweiten Weltkriegs. Feindsendern diente diese Wellenlänge zur Propaganda sowohl im heissen wie im Kalten Krieg. Der Rundfunk im amerikanischen Sektor (Rias) ärgerte mit seinen Mittelwellenreichweiten die DDR, deren Regierung den SED-Staat daraufhin mit Störsender pflasterte.

"Das ist ein Original-Störsender. Die DDR hat zwei Störsender gebaut. Einen 50 KW-Störsender und dies ist der große Signal Störsender. Am 8 November 1989 wurde auf Weisung Erich Mielkes die Postkontrolle eingestellt. Mit dem Zusatz: vorübergehend. Weil man sich das nicht vorstellen konnte, dass es irgendeinen Staat gibt, der nicht die Post kontrolliert. Aber wir wissen ja alle, dass es eine endgültige Sache war und vielleicht auch ein gutes Datum. Dass am gleichen Tag 25 Jahre danach hier diese Ausstellung eröffnet wird."

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Diese Post wurde unlängst von Berliner Studenten im Rahmen ihres Ethnologie-Studiums ausgewertet. Jetzt sind rund 40 Briefe in Frankfurt zu sehen, daneben historische Dokumente, ein WLAN Störsender und die Fotos vom Ostberliner Briefkasten. Freilich sind wohl riesige Berge von Post verschwunden, erzählt doch Bienert, dass im September 1989, kurz vor der Wende, noch 12 000 Zuschriften kamen, davon nur 500 aus der DDR. Wenig später, im März 1990, verzeichnete man 355 000 Briefe und Karten, davon 330 000 aus der DDR.

Was für eine Verschwendung von Arbeitskraft sich die DDR leistete, wird beim Rundgang durch die Schau deutlich. Da wurden kleine und große Mobiltelefon störsender ausgetüfelt, um den Bürgern das West-Radio mittels Pfeifen und Stimmenwirrwarr zu vergällen. Allerdings halfen auch nicht immer die eigens entwickelten Maschinen zum Öffnen und Schließen der Briefe – immerhin ging es um 90 000 Sendungen pro Tag, die das Land gen Westen oder das übrige Ausland verließen. Einzeln über Dampf geöffnet werden mussten alle Sonderformate, Briefe auf Umweltpapier und mit Klebstoff gut verschlossene Umschläge.

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Den Machthabern in der DDR war dies selbstredend ein Dorn im Ohr. Der RIAS, die Abkürzung steht für „Radio im amerikanischen Sektor“ und verweist auf die Aufteilung Berlins unter den vier Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg, hatte ohnehin den Status des Feindsenders Nummer eins. „Wer RIAS hört, den Frieden stört“ hieß es, und auf Plakaten tropfte unter dem Schriftzug des Senders Gift, das sich in Bomben verwandelte, vom Himmel. Man unternahm alles technisch Mögliche, um den Empfang zu unterbinden. Überall wurden Tragbare störsender errichtet. 1978 wurden sie zwar abgebaut, aber die Propaganda gegen die West-Medien wurde fortgesetzt. Einer der Störsender ist nun im Kommunikations-Museum zu besichtigen.

Soll man darüber trauern? Wer nicht gerade in mit UKW unterversorgten ländlichen Regionen wohnt und auf Reichweite angewiesen ist, hört schon lange nicht mehr Deutschlandfunk auf Mittelwelle. Für ihn mag der 31. Dezember 2015 kein Trauertag gewesen sein. Radio auf Mittelwelle rauscht, knarzt und klingt dumpf. Stereo lässt sich damit auch nicht hören. Das Versprechen der Zukunft hingegen lautet: kristallklarer Hörgenuss. Nostalgiker werden einwenden, dass wieder einmal die Transparenz des Tons dessen Wärme verdrängt. Die Materialität des Mediums geht verloren, wenn die leichten Störungen verschwinden – ähnlich wie beim Übergang der Langspielplatte zur CD.


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